EU-Rat verteidigt Steueroasen statt Investitionen zu mobilisieren

Diese Meldung erreichte uns gestern vom TJN-Mitgründer und Attac-Mitglied Sven Giegold. TJN ist und bleibt ein unabhängiges und überparteiliches Netzwerk. Dennoch scheuen wir uns nicht über parteipolitische Positionen zu berichten, wenn diese sich zu Themen der Steuergerechtigkeit äußern. Der Meldung unten bleibt von unserer Seite nicht viel hinzuzufügen:
Das Europäische Parlament hat heute über zwei Gesetzesentwürfe zur Investitionsförderung abgestimmt. Es handelt sich um die Vorschläge zur Schaffung eines Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF) sowie um europaweite Regeln für Wagniskapital-Fonds (Venture Capital). Eine parlamentarische Mehrheit unterstützte beide Entwürfe, in deren Zentrum Regeln zum Vorgehen gegen Missbrauch dieser Fonds durch Steueroasen stehen.

Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kommentiert die Abstimmungen:

"Mit den heutigen Mehrheiten erhält das Europäische Parlament den Druck auf die Mitgliedsstaaten aufrecht, effektive Förderinstrumente zu unterstützen. Die Gesetze fördern junge Unternehmen und Betriebe der sozialen und solidarischen Ökonomie und schaffen vor allem Regeln, um den Missbrauch dieser Gelder durch Steueroasen zu verhindern. Die Mitgliedsstaaten weigern sich bisher, einen Punkt zu akzeptieren der für beide Gesetzesentwürfe zentral ist: Eine allgemeine Definition von Steueroasen und spezielle Regeln sollen verhindern, dass Fonds, die sich entweder in Steueroasen niedergelassen haben oder in Firmen investieren, die wiederum ihren Sitz in Steueroasen haben, sich mit dem Etikett “soziale Ökonomie” schmücken können. Solche Fonds sollen auch nicht von europaweit einheitlichen Regeln für Wagniskapital profitieren können.

Beim Gesetzesentwurf zum Wagniskapital hatten Vertreter der Mitgliedsstaaten diesem zentralen Punkt als Teil des Kompromisses bereits zugestimmt, bevor einige Länder einen  Rückzieher machten und nun Definition und Regeln zum Ausschluss von Missbrauch durch Steueroasen ablehnen. Mit dieser Haltung verhindern diese Mitgliedsstaaten eine Mehrheitsentscheidung im Rat und verteidigen damit Steueroasen, anstatt Investitionen zu mobilisieren. Dem setzt das Europäische Parlament ein konstruktives Zeichen für mehr Steuergerechtigkeit und Impulse für wirtschaftliche Entwicklung entgegen.”
Wir können nur hoffen dass es nicht zu einer absurden Situation kommt, wo angeblich soziale Unternehmen Steueroasen schamlos ausnutzen können. Wie wir z.B. bei Barclays beobachten (siehe hier) vollziehen bereits heute einige für Steuervermeidung und -hinterziehung berüchtigte Banken zumindest rhetorisch eine Kehrtwende. Wo bisher die peinliche "wir können nicht anders als für unsere Aktionäre so aggressiv wie möglich Steuern zu sparen"-Haltung überwog, macht sich nun ein neuer, reuiger und gemäßigter Ton breit. Freilich muss man sehen ob den Worten wirklich Taten folgen. Dennoch: spätestens diese Einsichten aus dem Privatsektor sollten der politischen Elite klarmachen, dass sie hier steuernd und Grenzen aufzeigend aktiv werden muss und darf.