Re: Anonym - Steueroase Deutschland

Vor wenigen Tagen hat ein anonymer Kommentator dieses Blogs die Berichterstattung des Spiegels im Artikel "Steueroase Deutschland" und unseren Blogbeitrag dazu (hier klicken!) kritisiert. Weil dieser Kommentar so exemplarisch für einige der Missverständnisse steht, denen wir immer wieder in der Diskussion um Steuer- und Verdunkelungsoasen begegnen, wollen wir diesen Kommentar hier ungekürzt vorstellen und fügen unsere Antwort darauf unten an.

Anonym schrieb am 11. September:
"Also irgendwie geht hier alles ein wenig am Problem vorbei.
Ein Unternehmen, welches die von uns schon lange praktizierte Malta Masche anwendet ist doch kein Steuerhinterzieher? Ganz im Gegenteil! Aus meiner Sicht handelt der Geschaeftsfuehrer umsichtig und verantwortungsvoll indem er dafuer sorgt, dass wichtiges Kapital in der Firma verbleibt und nicht unnoetig an den Staat geht und versickert. Schliesslich haben wir ja durch die Bankenkrise ein grossen Finanzierungsproblem in Deutschland und ich kann den GF der die hier angefuehrten 23 Mio eingespart hat nur beglueckwuenschen. Er/Sie hat naemlich fuer den Fortbestand des Unternehmens Sorge getragen und die noetigen Mittel zur Investition besorgt. Dem Staat get hier auch nichts verloren. Wenn das Unternehmen die freien Geld Mittel investiert, dann schafft das Beschaeftigung und Wachstum. Ich wuerde sagen der "Peitschen Peer" ist hier relativ clever, dass er nicht versucht diese sogenannte Luecke zu schliessen. Wuerde er die Luecke schliessen muesste das Unternehmen die Gelder anderweitig auftreiben und das ist schwierig, oder der Bund muesste einspringen und unterstuetzen. Dann kommen aber die anderen Firmen und verlangen entweder Gleiches oder beschweren sich ueber eine Benachteiligung innerhalb der EU. Mit einfachen Worten "Peitschen Peer" laesst alle meckern, aber unterm Strich geht das Geld dahin wo es gebraucht wird und das kommt allen zu Gute. Eigentlich macht er noch plus, weil er ja 5% der Summe die zurueckkommt noch besteuern kann. Bei den echten Steuertricksern, kommt nichts zurueck.
Und verloren geht Ihm bei unserem Modell auch nichts, weil wenn die Gesellschaften das Geld in Deutschland nicht investieren sondern ausschuetten, dann ist die Ausschuettung steuerpflichtig. Also ein schlechtes Gewissen haben wir wegen unserem Programm nicht."

Unsere Antwort an Anonym:
Es hat im Artikel oder im Blog niemand behauptet, dass die 'Malta-Masche' Steuerhinterziehung sei. Das Problem liegt tiefer.

Malta bietet Steuer- und Unternehmensgesetze mit dem Ziel an, sowohl die Regulierung und Besteuerung anderer Staaten zu untergraben als auch in einem zweiten Schritt die Gegenmaßnahmen dieser Staaten zu umgehen. Warum sonst würde die Steuerlast auf dem Papier 35% betragen, wenn sie in der Praxis auf unter 5% gedrückt werden kann? Lowtax.net etwa beschreibt dies wie folgt (hier klicken!):
"Malta phased out its 'designer tax' Offshore Companies, which the EU would never have accepted, and in 2006 had to give in to the EU by legislating away their replacements, the International Trading Companies."
Ein solcher Kreislauf aus räuberischen Steuergesetzen und Gegenmaßnahmen ist wirtschaftlich sinnlos und ineffizient. Für das einzelne Unternehmen mag es Vorteile bringen, sobald aber alle Unternehmen diese 'Masche' anwenden ist der Wettbewerbsvorteil dahin und die vorsteuerlichen Kosten aller Unternehmen sind durch einen bürokratischen Wasserkopf aus Anwälten und Buchhaltern auf der ganzen Welt gestiegen, die öffentlichen Dienstleistungen (Schulen, Krankenhäuser, Rente) sind schlechter geworden bzw. die Staatsverschuldung höher.

Außerdem steht diese Form der Gewinnmanipulation nur Großunternehmen zur Vergügung: die kleinen und mittelständischen Unternehmen stehen als Verlierer da. Von wirtschaftlicher Chancengleichheit oder fairem Wettbewerb kann so nicht mehr gesprochen werden.

Hinzu kommt, dass Malta vielleicht an dieser Stelle "nur" Steuervermeidung feilbietet (die sich, wie in unserem Blog geschildert, oft genug im nachhinein als Steuerhinterziehung entpuppt): Die wirtschaftliche Strategie einer Verdunkelungsoase bringt Malta jedoch auch in ungemütlichere Gefilde, wo es schwieriger wird legalistisch (sprich: nahe an Scheinheiligkeit) zu argumentieren.

Deutlich wird dies zum Beispiel an den Geldwäschebekämpfungsempfehlungen der FATF, die Malta nur punktuell umsetzt. Beispielsweise stellt die europäische Geldwäschebekämpfungsorganisation MoneyVal fest, dass Malta nur äußerst unzureichende Vorkehrungen trifft um zu verhindern, dass Maltesische Finanzinstitute mit Banken aus dubiosen (oder noch dubioseren) Drittstaaten in Geschäftsbeziehungen treten (die Geldwäscheempfehlungen 7 und 22 werden von der FATF als "nicht eingehalten" eingestuft; hier kicken für MoneyVal Geldwäsche-Bericht, Englisch, pdf).

Die Palette an Gesetzes- und Regulierungsangebot und -Lücke in Malta ermöglicht es Malta also, eine Schnittstelle und Drehscheibe zwischen eindeutig dubiosen und kriminellen, und den "seriösen" Finanzplätzen wie London und Frankfurt zu sein. Die schöne Steuerbefreiung, die so liebevoll "Malta-Masche" genannt wird, kann leicht auch Kriminellen zugute kommen. Die Unternehmen, die von dieser Steuerbefreiung profitieren, könnten ihre Profite auch von eindeutig zwielichtigen Verdunkelungsoasen nach Malta überwiesen haben. Die Anwesenheit deutscher Konzerne gibt Malta gleichsam die nötige Reputation, um nicht direkt mit Sanktionen belegt zu werden.

Hinter Maltesischer Gesetzgebung können sich alle Arten von Kriminellen vortrefflich verstecken, von organisierter Kriminalität, illegalem Waffen- und Drogenhandel bis zu Kinderprostitutionsringen und gemeinen SteuerhinterzieherInnen. Zufall ist das kaum: Malta beherbergt, wie alle Steuer- und Verdunkelungsoasen, ein Heer aus Anwälten und Buchhaltern, deren Spezialität im Verschleiern von Zahlungsströmen liegt. Systematische Korruption wird gefördert, solange sie woanders passiert. Ein verabsolutiertes Bank-, Steuer-, und Anwaltsgeheimnis deckt diese Taten mit einem Mantel der Verschwiegenheit zu.

Außerdem misst Malta bei den Trusts (Treuhandgesellschaften) mit zweierlei Maß: sind die Begünstigten und das Einkommen dieser Gesellschaften ausländisch, dann sind diese steuerbefreit. Anderenfalls sind sie steuerpflichtig. (Quelle: http://www.lowtax.net/lowtax/html/jmaoltr.html#tax). Mit diesen Trusts lassen sich vortrefflich Steuern hinterziehen so lange nur nicht-maltesische Bürger oder -Einkommen betroffen sind!

Feine Gesellschaft für deutsche Konzerne?

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