Schwarzgeldkonten: Schweizer Schützenhilfe fürs Bankgeheimnis

Der Wiener Standard hat unter obigem Titel am Freitag eine präzise Analyse der gegenwärtigen Blockaderolle Österreich's gebracht, mit O-Tönen von TJN's Richard Murphy. Die Zeitung möge verzeihen, dass wir hier den ganzen Artikel zitieren:
Der Plan, Schweizer Schwarzgeldkonten zu legalisieren, behindert die Jagd nach Steuersündern in der EU. Luxemburg und Österreich wollen nicht akzeptieren, dass sie schlechter gestellt werden als die Eidgenossen.

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Wien - Es ist ein großer Tresor, den Deutschland und Großbritannien knacken wollen. Anleger aus den EU-Staaten haben nach Schätzungen 863 Mrd. Franken (665 Milliarden Euro) in der Schweiz gebunkert. Laut dem Finanzdienstleister Helvea ist nicht einmal ein Fünftel dieses Geldes ordentlich versteuert worden.

Die Regierungen in London, Berlin und Bern verhandeln derzeit intensiv über eine Legalisierung des britischen und deutschen Vermögens in der Schweiz. Doch in Bern liegt ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch, der Fortschritte beim EU-internen Kampf gegen Steuerbetrug gefährdet.

"Abgeltungssteuer"

Die Schweiz bietet Deutschland und England die Zahlung einer Abgeltungssteuer an. Die Eidgenossen würden künftig für Zinsen, Dividenden und Kursgewinne von ausländischen Anlegern eine Steuer einheben und das Geld an die Finanzbehörden in London und Berlin weiterreichen. Informationen über Kontoinhaber würden nicht getauscht. Das Schweizer Bankgeheimnis bliebe also gewahrt. Auch Liechtenstein ist an solchen Abkommen interessiert.

Doch die Wahrung des Bankgeheimnisses beim Nachbarn stößt dem österreichischen Finanzminister Josef Pröll und seinem luxemburgischen Kollegen Luc Frieden sauer auf. Sollte das Abgeltungsmodell in der Schweiz kommen, wollen die beiden die Ausweitung eines EU-Steuerabkommens blockieren.

Konkret geht es um die Neuauflage der EU-Zinsrichtlinie. Die seit 2005 geltende Richtlinie schreibt vor, dass EU-Länder Informationen über Zinseinkünfte ausländischer Bürger weiterleiten müssen. Weitergegeben werden dabei auch Daten über Kontoinhaber. Für Österreich und Luxemburg gilt eine Ausnahme: Beide Staaten ziehen eine Quellensteuer von derzeit 20 Prozent ein, reichen zwei Drittel des Geldes weiter, der Bankkunde kann anonym bleiben.

Österreich, "unverschämte Steueroase"

Die Neuauflage der Zinsrichtlinie hätte alle Staaten zur vollen Datenweitergabe verpflichtet. Zudem wären erstmals Informationen über Konten juristischer Personen erfasst worden. Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft wollte noch im Mai die Einigung.

"Es kann nicht sein, dass wir als EU-Land schlechter gestellt werden als die Schweiz", heißt es aber jetzt im Finanzministerium in Wien. Österreich und Luxemburg wollen zunächst die Verhandlungen der Schweizer abwarten. Sollte die Abgeltungssteuer kommen, planen Wien und Luxemburg an ihrer Ausnahmeregelung festzuhalten. Für Gruppen wie das Tax Justice Network ist die EU-Zinsrichtlinie das "wichtigste Instrument im Kampf gegen Steueroasen".

Entsprechend heftig fällt daher die Kritik an der Blockadepolitik aus. "Österreich ist eine unverschämte Steueroase. Mit der Aktion wird das Land seinem Ruf gerecht", sagt der britische Steuerhinterziehungsjäger Richard Murphy. "Ich würde für Sanktionen gegen Österreich plädieren."

Der Dieb stiehlt weiter

Im Finanzministerium in Wien wird aber nicht nur mit den gleichen Spielregeln für alle argumentiert. Das Kernproblem sei nicht das Bankgeheimnis, sondern die anonymen Trusts der britischen Kanalinseln und die anonymen Stiftungen in Liechtenstein. Auch die neue Zinsrichtlinie ändere an der Möglichkeit dieser "steuerschonenden" Konstruktionen im Grunde nichts.

Österreichs Blockadepolitik sei die einzige Möglichkeit, um Druck auf die EU-Kommission auszuüben, damit sich auch bei Trusts und Stiftungen etwas fortbewegt. Murphy dazu: "Österreichs Argument ist in etwa so, wie wenn ein Dieb sagt, ich stehle weiter, solange auch die anderen nicht damit aufhören." (András Szigetvari, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19./20.2.2011)
Zum Dieb sei hier auf unser kurzes Video über die Bedeutung von Steuern für das Gemeinwohl verwiesen. Herzlichen Glückwunsch an den Standard für diese treffliche Analyse.

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