Bundestagsanhörung zu Hedge Fonds - TJN-Stellungnahme

Am 13. März fand im Finanzausschuss des Bundestages eine öffentliche Anhörung zum „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz)“ statt.

TJN's Nicola Liebert nahm dort neben anderen Experten teil und deckte in ihrer Stellungnahme (pdf hier) auf, wie wenig erfolgversprechend ein Regulierungsansatz bleiben muss, der Steuer- bzw. Regulierungsoasen außen vor lässt. Wie sehr diese Richtlinie darum Augenwischerei bleiben wird zeichnet sich schon in der Einleitung ab:
"Künftig soll es keine regulierungsfreien Räume (Steueroasen) oder Akteure (insbesondere Schattenbanken) mehr geben – das war die Lehre, die der G20-Gipfel in London 2009 aus der Finanzkrise zog. Die AIFM-Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (2011/161/EU) stellt den Versuch dar, eines der beiden Probleme anzugehen, indem es alternative Investmentfonds bzw. zumindest deren Verwalter einer gewissen Regulierung unterwirft. Da dabei jedoch das andere, damit in engem Zusammenhang stehende Problem der Steueroasen außen vor gelassen wird, wird das Vorhaben nach Überzeugung des Tax Justice Network letztlich nicht zum gewünschten Erfolg führen, die systemischen Risiken zu vermindern.
Das zeigt sich schon allein daran, dass die Fonds selbst gar nicht Ziel der Regulierung sind und es auch nicht sein können, weil gerade die in höchst riskanten Anlagefeldern aktiven Hedgefonds in fast allen Fällen in Steuer- bzw. Regulierungsoasen ansässig sind. Einige statistische Angaben verdeutlichen dies:
Neben den konkreten Schwächen der Richtlinie zeigt Liebert gegen Ende in ihrem Empfehlungen auf, welche besseren Regulierungsalternativen es gäbe - freilich jedoch nicht ohne unbequeme politische Auseinandersetzung mit der Finanzbranche. Ihr erster Punkt lautet:
"Austrocknen der Schattenfinanzplätze: Der entscheidendste Schritt zur Regulierung des Schattenbanksektors einschließlich der Hedgefonds ist, die Regulierungsoasen auszutrocknen. Da es sich dabei stets gleichzeitig auch um Steueroasen handelt, sind auch die anzuwendenden Mittel dieselben, so z.B.   
Dieser Forderung dürften - besonders im gegenwärtigen Klima - einige Politiker auch schnell zustimmen - das Problem ist jedoch, wie Steueroasen definiert werden sollen. Die bisherige deutsche Rechtslage, sich über das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz an die Schwarzen Listen bzw. Standards der OECD bzw. des Global Forum anzulehnen, ist dabei ein Rezept für Stillstand und symbolische Politik. In einer Stellungnahme im Finanzausschuss 2010 haben wir gezeigt (pdf, hier):
"Im April 2009 veröffentlichte die OECD auf Aufforderung der G20 hin eine neue Schwarze, eine Graue und eine Weiße Liste überwachter Staaten und Gebiete. Auf der Schwarzen Liste fanden sich zur Überraschung selbst von Kennern der Materie lediglich vier Staaten – Costa Rica, Malaysia, die Philippinen und Uruguay – und das auch nur fünf Tage lang. Dann teilte OECD-Generalsekretär Angel Gurría mit, dass sich alle vier Staaten künftig an den OECD-Standard über den Informationsaustausch mit den Steuerbehörden anderer Länder halten wollten, was ausreichte, um von der Schwarzen Liste genommen zu werden.
Auch die Graue Liste derer, die den OECD-Standard akzeptiert, aber noch nicht in ausreichender Form umgesetzt haben, wird immer kürzer. Sie umfasste am 23.6.2010 noch 14 Länder, darunter Costa Rica, die Philippinen und Uruguay, die von der ursprünglichen schwarzen Liste aufgestiegen waren, sowie im globalen Maßstab unbedeutende Steueroasen wie Montserrat, Nauru, Niue und Vanuatu. Um auf der Weißen Liste geführt zu werden, ist der Abschluss von nur zwölf bilateralen Informationsaustauschabkommen hinreichend. Zu den Ländern, mit denen so zum Beispiel Liechtenstein Abkommen geschlossen hat, gehören neben Deutschland und Großbritannien auch Andorra und Monaco. Insgesamt hat die Zahl der Abkommen zwischen Staaten der Grauen Liste sprunghaft zugenommen, was nichts anderes bedeutet, als dass sich die Steueroasen gegenseitig den Status als „kooperative“ Staaten bzw. Gebiete verschaffen, ohne am tatsächlichen Verhalten gegenüber Drittstaaten viel zu ändern.

Dieses Weißwaschen von Steueroasen durch die OECD ist der Grund dafür, dass das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz trotz seiner durchaus positiven Ansätze – die Absetzbarkeit von Werbungskosten, die Vermeidung von Doppelbesteuerung oder die Steuerbefreiung von Dividenden einzuschränken bzw. auszusetzen – ins Leere läuft. Schon als das Gesetz im August 2009 in Kraft trat, war es in der Sache obsolet, weil keine Steueroase mehr den Kriterien des Gesetzes entsprach, die sich ausdrücklich auf die OECD-Standards stützen. Laut Gesetz genügt sogar „die Bereitschaft“ zu einer Auskunftserteilung. Da alle Steueroasen ihre Bereitschaft im Prinzip versichert haben, wird das Gesetz gegen kein Land und kein Gebiet angewandt und ist damit de facto eine leere Hülle. Die praktische Umsetzung der Auskunftserteilung ist kein Gegenstand des Gesetzes, weshalb das Tax Justice Network ausdrücklich begrüßt, dass die meisten der vorliegenden Anträge eine Verschärfung der Vorgehensweise fordern."
Nun könnten manche Beobachter erwidern, dass wir inzwischen die Messlatte von zwölf Abkommen hinter uns gelassen haben und mit dem Global Forum peer review-Prozess alles viel besser sei und nach Abschluss der Phase Zwei zur Überprüfung der Umsetzung des Informationsaustauschs bald eine brauchbare Schwarze Liste mit Steueroasen vorliegen dürfte, und also die Sanktionen greifen werden.

Leider weit gefehlt - das beste was wir vom Global Forum erwarten dürfen ist eine Liste der üblichen Verdächtigen: kleine, unbedeutende karibische oder pazifische Inselstaaten, während man geflissentlich den Blick von der Steueroase USA und Großbritannien und wahrscheinlich auch Luxemburg und der Schweiz und anderer Big Player wie etwa Deutschland abwendet und diesen ein sauberes Zeugnis ausstellt. In ausführlichen Analysen (etwa hier und hier und hier) haben wir gezeigt, dass das Global Forum hochpolitisiert ist und deren Standards viel zu schwach sind um echte Veränderung zu bewirken. Stattdessen sollten wir uns von den USA eine Scheibe Steuercompliance abschneiden (siehe hier), und auf EU-Ebene Druck auf Österreich und Luxemburg ausüben, dass endlich die Ausweitung der Zinsrichtlinie beschlossen wird (siehe hier) und somit ein Nukleus für ein globales System des automatischen Informationsaustauschs entstehen kann (siehe hier und hier). Dann wären wir nicht mehr so dringend auf eine (immer politisch hochumstrittene) Definition und Liste von Steuer- bzw. Verdunkelungsoase angewiesen. Alternativ, für eine unpolitisierte, auf mess- und überprüfbaren Kriterien basierende Liste, siehe z.B. auf Seite 28 der zweiten Auflage des TJN-Klassikers, "Tax Us If You Can" (pdf, hier).