Helfen staatliche Exportversicherer multinationalen Konzernen bei der Steuervermeidung?

Publikationshinweis 

Ein neuer Bericht der niederländischen Nichtregierunsgorganisation  Both Ends macht deutlich, dass die staatlich unterstützte Exportkreditversicherungsagentur der Niederlande - Atradius Dutch State Business (Atradius DSB) - regelmäßig finanzielle Transaktionen mit Vertragsparteien abwickelt, die in Steueroasen zugelassen sind. Diese Art von Transaktionen können multinationale Unternehmen (MNU) für aggressive Steuervermeidung nutzen und so die Fähigkeit einzelner Länder zur Steuererhebung untergraben.

Warum die Aufregung um staatliche bzw. staatsnahe Exportkreditversicherungsagenturen?

Exportorientierte Staaten haben ein Interesse daran, dass Exporteure ihre Güter und Dienstleistungen störungsfrei ausführen können. Da sich Exportgeschäfte mit unsicheren Märkten ohne Absicherung gegen diese spezifischen Risiken kaum realisieren lassen, verfügen alle sog. westlichen Industrieländer, aber auch einige sog. Entwicklungs- und Schwellenländer über staatliche Exportkreditversicherungssysteme (Export Credit Agencies, ECA), um die Exporteure ihres Landes zu unterstützen. Für die Lieferung werden an die Exporteure, respektive Lieferanten Garantien/Bürgschaften des Staates vergeben. Auf diese Weise werden Ausfahlrisiken abgesichert und Exporte ermöglicht, die ohne Versicherung kaum oder nicht stattfinden würden. Somit ist die Exportkreditversicherung ein wichtiges staatliches Instrument der Exportförderungspolitik.

Die Rolle anderer Staaten und des Exportweltmeisters Deutschland

Der angesprochenen Bericht beschäftigt sich zwar in erster Linie mit der niederländischen Exportversicherungsagentur Atradius DSB und erläutert in diesem Zusammenhang die komplexen Strukturen, die multinationale Unternehmen in Steueroasen anwenden, um ihre Steuerschuld in den Niederlanden drastisch zu reduzieren. Gleichzeitig verweisen die Autoren darauf, dass ähnliche Praktiken auch in anderen staatlichen Exportkreditversicherungsagenturen angewendet werden. Genannt werden Beispiele aus den USA, Japan und Großbritannien. In Deutschland bearbeitet Euler Hermes zusammen mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers  als Exportkreditversicherung die staatlichen Exportkreditgarantien im Auftrag und auf Rechnung der Bundesrepublik Deutschland. Gerade weil in dem Bericht keine Aussagen über die deutschen Kreditversicherer getroffen werden, wäre eine Untersuchung der Aktivitäten des Exportweltmeisters Deutschland in diesem Kontext dringend geboten.

Mangelhafte Kontrollanforderungen

Ein weiterer zentraler Befunde des Berichts ist der Mangel an wirksamen Maßnahmen in Europa, mit denen Vertragsparteien von der Unterstützung durch nationale Exportkreditversicherer ausgeschlossen werden könnten, wenn sie in Steuerhinterziehung und Geldwäsche involviert sind. Es gibt gegenwärtig keine internationalen Verpflichtungen für ECAs die nationalen Zentralstellen für Verdachtsmeldungen (Financial Intelligence Unit, FIU) über auffällige Transaktionen zu informieren. 
Daher schließen die Autoren ihren Bericht mit Empfehlungen zur Steigerung von Transparenz und (Selbst)-Regulierung der Exportkreditversicherungsagenturen ab, um deren Aktivitäten mit den internationalen Bemühungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Einklang zu bringen. Insbesondere werden länderspezifische Berichtspflichten und die Offenlegung der wirtschaftlich Berechtigten für Unternehmen gefordert, die in Exportgeschäfte involviert sind.

Der in englischer Sprache abgefasste Bericht "Cover for what?" kann hier heruntergeladen werden.